Altersvorsorge mit Denkfehler: Der Preis des frühen Sparens
Von Claude Chatelain
Bereits ab dem 18. Altersjahr kann man in die Säule 3a einzahlen – vorausgesetzt, man erzielt ein AHV-Einkommen. Aber erst ab dem 25. Lebensjahr ist man obligatorisch gemäss dem BVG versichert. Auf den ersten Blick hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Bei näherem Hinsehen hingegen schon.
Die Rede ist von Artikel 60a Absatz 2 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2). Aufs Zitieren dieses schwer verdaulichen Verordnungstextes sei hier verzichtet. Im Wesentlichen geht es darum, dass vor dem 25. Altersjahr getätigte Überweisungen in die Säule 3a spätere Einkaufsmöglichkeiten in die 2. Säule einschränken.
Der Waadtländer FDP-Ständerat Pascal Broulis sieht darin eine Benachteiligung der jungen Arbeitnehmer. Deshalb reichte er in der Wintersession eine Motion ein, um den Bundesrat zu einer Anpassung der Verordnung zu bewegen – mit dem Ziel, die U25 nicht mehr zu benachteiligen.
Broulis rechnet vor: Ein Arbeitnehmer, Jahrgang 1999, zahlt ab seinem 18. Lebensjahr jährlich den Maximalbetrag in die Säule 3a ein. Bis zum 24. Geburtstag ergibt das ein angespartes Kapital von 41’471 Franken. Möchte er ab 25 Jahren auch in die 2. Säule Einkäufe tätigen, darf er dies erst tun, wenn sein Einkaufspotenzial in der Pensionskasse diesen Betrag übersteigt. Erst dann wären weitere Einkäufe zulässig.
Diese Bestimmung soll verhindern, dass selbstständig Erwerbende mit umfassenden Möglichkeiten zum Aufbau einer Säule 3a nicht zusätzlich auch im grossen Stil Einkäufe in die 2. Säule tätigen können, sofern sie sich später anstellen lassen und einer Vorsorgeeinrichtung angeschlossen werden.
Der Verordnungsartikel zielt also auf selbstständig Erwerbende. Davon betroffen sind aber auch die Ü25.
Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf. Laut seinen Angaben zahlten 2018 nur 4,7 Prozent der unter 24-jährigen Erwerbstätigen in die Säule 3a ein – bei den 25- bis 64-Jährigen lag der Anteil bei knapp 57 Prozent. Aktuellere Daten gibt es nicht. Fazit des Bundesrats: «Die Zahl der jungen Beitragszahlenden ist sehr klein».
Aber: Die vom Bundesrat genannten Zahlen stammen aus dem Jahr 2018. Doch Broulis verweist auf den Vorsorgebarometer 2024 der Raiffeisen-Gruppe, wonach immer mehr Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren Beiträge in die Säule 3a einzahlen würden. Auch die zunehmende Zahl an Werbekampagnen von Banken und Versicherungen, die sich gezielt an diese Altersgruppe richten, deutet laut Broulis auf einen wachsenden Trend hin.
So sei die ketzerische Frage erlaubt, ob junge Personen wirklich gut beraten sind, den vollen Beitrag in die Säule 3a einzuzahlen. Ihre Einkommen sind gering; entsprechend gering ist auch die steuerliche Erleichterung. Kommt hinzu, dass das Geld beim Bezug versteuert werden muss. Wie genau diese Besteuerung in Zukunft aussieht, wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass es Bestrebungen gibt, die steuerlichen Bedingungen weiter zu verschärfen.
Wer bereits in jungen Jahren derart liquide ist, um 7000 Franken auf die hohe Kante zu legen, investiert das Geld lieber in börsenkotierte Anlagefonds, so genannte ETF - und zwar ohne das Zwangskorsett der Säule 3a.